Chronik
Angelika Wuensche 2011 - 4Die Habsburger empfanden dies als bedrohlich und die ungarischen Magnaten begannen zu rebellieren, nachdem Papst Bonifaz VIII. öffentlich die Herrschaft der beiden Wenzels über Ungarn und Polen für ungesetzlich erklärte. Wenzel II. intervenierte 1304 Ungarn, um seinen Sohn Wenzel III. sicher nach Böhmen zurückzugeleiten. König Albrecht von Habsburg rückte mit seinen ungarischen Verbündeten in Böhmen ein, drangen bis Kuttenberg (Kutna Hora) als wichtigste Stadt Böhmens mit der Münzprägestätte vor, Wenzel II. schlug zurück und stellte die volle königliche Gewalt wieder her. 1304 verzichteten die Premysliden auf die ungarische Krone, um die polnische Krone zu retten. Die Friedensverhandlungen 1305 bereitete Wenzel II. noch vor, den Friedensschluss erlebte er aber nicht mehr.
17 Tage nach der Krönung, am 19.06.1297, starb seine erste Ehefrau, Königin Guta, in Prag an Erschöpfung in Folge der Geburt ihres zehnten Kindes. Die beiden hatten folgende gemeinsame Kinder:
1. Ottokar – geb. 06.05.1288, gest. 19.11.1288
2. Wenzel III. – geb. 06.10.1289, gest. 04.08.1306, und Zwillingsschwester
3. Agnes – geb. 06.10.1289, gest. 1293
4. Anna – geb. 15.10.1290, gest. 03.09.1313, Heirat am 13.02.1306 mit
Heinrich VI. Herzog von Kärnten (geb. 1265/73, gest. 02.04.1335)
5. Elisabeth – geb. 20.01.1292, gest. 28.09.1330 in Prag, Heirat am 31.08.1310
mit Johann Graf von Luxemburg (geb. 10.08.1296, gest. 26.08.1346)
6. Judith – geb. 04.03.1293, gest. 03.08.1294
7. Johann I. – geb. 26.02.1294, gest. 01.03.1294
8. Johann II. – geb. 21.03.1295, gest. 06.12.1296
9. Margarete – geb. 09.02.1296, gest. 07./08.04.1322, Heirat 1308/10 mit
Boleslaw III. Herzog von Schlesien-Liegnitz (geb. 23.3.1291, gest.21.4.1352)
10. Agnes – geb. vor/am 19.06.1297, gest. …, Heirat … Ruprecht VI. Graf von
Nassau (geb. um 1280, gest. 02.11.1304)
Am 26.05.1300 verlobte sich Wenzel mit Elisabeth-Rixa (geb. um 1286/88, gest. 18.10.1335), einzige Tochter seines ehemaligen Rivalen, des polnischen Königs Przemyslaw II. Danach schickte er sie zu seiner Tante auf die Burg Budyne. Erst 1303 wurde die Ehe vollzogen und Rixa nahm den Namen Elisabeth an. Mit ihr hatte er eine Tochter
11. Agnes – geb. 15.06.1305, gest. 1336/04.01.1337, Heirat 1319 mit Heinrich I.
Herzog von Schlesien-Schweidnitz-Jauer (geb.1292/96, gest.6.3./15.5.1346).
Außerdem hatte Wenzel noch einen illegitimen Sohn
12. Johann Wolek – gest. 1351, Bischof von Olmütz (1334 – 1351)
Sein Sohn Wenzel III. wurde am 04.08.1306 auf dem Weg nach Polen in Olmütz im Gebäude des Dekanats ermordet. Damit endete die über 400-jährige Dynastie der Premysliden. Gleichzeitig war damit die dynastische Union zwischen Polen und Böhmen beendet.
Im Herbst 1304 erkrankte Wenzel II. an Tuberkulose, die er sich aufgrund der Anstrengungen während des Feldzuges und der Rückreise aus Ungarn nach Prag im Frühjahr 1304 zugezogen hatte. Sein Krankenlager hatte er in Prag beim Goldschmied Konrad, weil seine Residenz in der Burg 1303 ausgebrannt war. Wenzel II. ordnete seine Angelegenheiten. Er übergab das Land Zittau als Afterlehen an Heinrich II., er bezahlte seine Schulden, versorgte seine zweite Ehefrau Rixa, gab einen Teil seines Vermögens der Kirche und den Armen und tat Buße.
König Wenzel II.
Wenzel II. starb am 21.06.1305 mit 34 Jahren in Prag. Sein Leib wurde mit dem Schiff in das Kloster Zbraslav gebracht und beigesetzt. Heilig gesprochen wurde er nicht.
König Wenzel II. wurde von Petrus de Zittavia (bedeutender Chronist, stammt aus dem Zittauer Land, war seit etwa 1300 Mönch im Kloster Zbraslav und von 1316 bis zu seinem Tod 1338/39 Abt) verehrt und als König mit außergewöhnlicher Gedächtnisleistung beschrieben, der sich einmal Gehörtes fester einprägen konnte als andere. Einerseits scheint es, dass Wenzel gerade in der Zeit auf der Burg Bezdez die Grundlagen seiner Bildung erworben hat und später noch engen Kontakt zu Otto IV. hatte. Wenzel sprach später fließend Deutsch und Latein, besaß Kenntnisse der Theologie, des Rechts und der Medizin. Lesen und Schreiben lernte er jedoch nicht. Andererseits wird berichtet, dass Wenzel auf der Burg Bezdez hungrig und zerlumpt in Elend gehalten wurde, er litt ständig Hunger und Kälte, selbst ausreichend Kleidung und Schuhwerk wurden ihm versagt. Aufgrund dessen war er ständig gesundheitlich geschwächt, cholerisch, zeigte grundlose Wutausbrüche, konnte sehr grausam sein, indem während seiner Herrschaft einige Köpfe rollten, war aber dennoch eigentlich gutmütig, klein von Wuchs mit krummen Beinen, von eher mädchenhaftem Aussehen und hatte Angst vor Katzen und Gewittern. Er lebte aber keinesfalls enthaltsam und war auch dem Alkoholgenuss nicht abgeneigt. An ein fröhliches Zechgelage 1302 erinnert heute noch bei Pardubice ein „Fröhlicher Berg“. Er bekam alle politischen, militärischen und kulturellen Interessen unter einen Hut und war einer der bedeutendsten Fürsten des Mittelalters.
Über den Prinzen und König Wenzel II. schrieb Christian Weise 1686 ein Theaterstück, ein Geschichtsdrama „Historie vom König Wenzel“. Der Inhalt des Stückes ist hier in der früher gebräuchlichen Wortwahl wiedergegeben: „Königs OTTOCARI in Böhmen hinterlaßener Sohn WENCESLAUS, wird in seiner zarten Kindheit von dem Marggrafen zu Brandenburg als Vormunden auffgehalten. Doch als er auff inständiges Begehren der Grossen im Lande wiederum geliefert wird / verbindet sich die verwittwete Mutter mit einem von Zabisch /und da sie wohl siehet / daß ihr kein andrer Weg zur Bestätigung des Königreiches offen stehet / als der Tod ihres Sohnes / werden viel Mittel ersonnen / diesen jungen Herrn um das Leben zu bringen. Allein die andern Landes-Stände mercken die List / und schaffen ihren künfftigen Trost heimlich fort. Und da hat eben die unlängst erbaute Stadt Zittau das Glücke / daß er daselbst auffgenommen / und auff einige Zeit versorget wird. Ob nun wohl unterschiedne List gebraucht wird / des Königes habhafte zu werden; So bricht doch letzlich die Untreu aus / die Königin wird mit ihrem Liebsten gefangen / der Anhang wird zerstreuet / und Wenceslaus wird mit Freuden nach Prage abgeholet / da er sich erkläret / der Stadt Zittau mit unsterblicher Königlicher Gnade beygethan zu verbleiben.“
Über König Wenzel II. wurde sogar ein zweistündiger Fernsehfilm „König Wenceslas“ (Fantasy, USA, 1994) gedreht und am 06.03.2011 auf Tele 5 gesendet. Darin ging es aber nur um seine erste Herrscherzeit, zu seinen Kinder- und letzten Jahren und seinem Familienleben wurde nichts gezeigt. Wer keinen Bezug zu diesem Thema hat, konnte diesem oberflächlichen Film nichts entnehmen.
Die Legende, dass Wenzel II. (geb. 17.09.1271, gest. 21.06.1305) im Haus Neustadt Nr. 35, so wie es heute aus Stein steht, gelebt haben soll, kann nicht stimmen, da es zu dessen Zeiten noch keine Wohnhäuser aus Stein gab. Als sich die Herren von Leipa, dann genannt die Herren von Zittau (die Brüder Castolov I., geb. 1216, gest. 1253, und Heinrich I., geb. 1219, gest. 1252), noch vor Wenzels Zeiten hier niederließen, bestanden ihre bescheidenen Hütten auf der Hofstatt aus Holz und Lehm. Nachdem die Familie von Leipa 1255 die Hofstatt aufgab, wurde damit begonnen, die Holzhütten abzureißen. Die Familie von Leipa (Smilo de Sittavia und dessen Söhne Heinrich II. und Chwalo) blieb in Zittau anwesend und baute wahrscheinlich an die gleichen Stellen wieder neue Hütten aus Holz und Lehm, denn erst im Jahr 1359 wurde bestimmt, die Häuser aus Stein zu bauen. Bei diesen „nachfolgenden“ Herren von Leipa wurde Wenzel II. untergebracht bzw. soll hier einige Zeit gelebt haben. In der Überlieferung kann nur gemeint sein, dass sich Wenzel II. nicht in dem Haus Nr. 35, sondern an dessen Stelle dort aufgehalten haben kann. Im Laufe der Zeit wurde von Erzählung zu Erzählung daraus die Geschichte, dass Wenzel II. im Haus Nr. 35 gelebt habe.
Im Treppenhaus des Hauses Nr. 35 ist die nachfolgende Zeichnung zu sehen, die wahrscheinlich laut der eingezeichneten Jahreszahl „1949“ aus diesem Jahr stammt. In der Mitte zwischen der 9 und der 4 steht der Großbuchstabe B, dessen Bedeutung im Moment nicht bekannt ist. Weiterhin gibt es die Inschriften „Haus zur Güldenen Krone“ und „Wenzel II. Koenig v. Boehmen wohnte hier in den Jahren 1278 – 83“. Dieses Bild stammt vom Tag des offenen Denkmals im Jahr 2008.
Um 1130 bis um 1500 war die Zeit der Gotik. Als die Häuser ab 1359 in Zittau nach und nach aus Stein gebaut wurden, wurde das erste steinerne Haus an der Stelle des Hauses Nr. 35 in gotischer Bauweise gebaut. Im 15. Jahrhundert entwickelte sich nach der Gotik die Renaissance (1420 – 1620). Im Grundbuchblatt 198 des Amtsgerichtes Zittau wurde das Haus Nr. 35 erstmals mit dem Jahr 1543 erwähnt. Aus der Spätrenaissance entwickelte sich des Barock und endete mit dem Spätbarock ca. 1700 – 1720. Daran schloss sich die Zeit des Rokoko von etwa 1710 - 1775 an.
Für die Gotik sind eine mächtige Raumhöhe und spitz zulaufende Bögen charakteristisch. Ehemals geschlossene Wände als Schutz gegen das „Böse“ von außen werden durch Fensterreichen durchbrochen. Es wird Helligkeit und großzügigere Raumaufteilung angestrebt.
Renaissance bedeutet „Wiedergeburt“ der (griechischen) Antike. Es wurde in deren klassischen strengen Formen, klar, überschaubar, harmonisch ausgewogen, auf Grundrissen mit einfachen, idealen, geometrischen Formen, wie Quadrat und Kreis, und Bauelementen wie Säulen, Pilaster, Kapitelle, Dreiecksgiebel gebaut. In zwei späteren Epochen der Renaissance wurden auch neue formensprachliche Elemente der mittelalterlichen Baukunst, ohne streng gesetzmäßige Bauweise, und gotische Motive benutzt und Grundrisse und Fassaden wurden oft asymmetrisch gebaut.
Der Begriff Barock stammt aus der portugiesischen Sprache, in der unregelmäßig geformte Perlen als „barrocco“, d. h. „schiefrund“ oder „merkwürdig“ bezeichnet wurden. Alle strengen Ordnungen der Renaissance wurden aufgelöst und schwingende, konkave und konvexe Formen, Kuppeln, Säulengruppen, Giebel und Fensterbekrönungen mit reichem ornamentalem Schmuck gebaut. Lichteffekte wurden genutzt. Es wurden zwar Formelemente der Renaissance übernommen, aber häufig in übersteigernder Weise präsentiert, um Reichtum und Bewegtheit auszudrücken. Für die römisch-katholische Kirche galt es, die Gläubigen durch die Entfaltung von Prunk und Pracht festzuhalten oder zurückzugewinnen. In Deutschland begann nach dem 30-jährigen Krieg eine rege Bautätigkeit. Vor allem im Süden Deutschlands entfaltete sich das Barock zu einer heiteren, bewegten Variante, und es entstanden prunkvolle, barocke Kirchenbauten, Schlösser und Adelshäuser. Die Kunst des Barocks war vor allem ein Ausdrucksmittel zur Selbstverherrlichung der absolutistischen Fürsten. Die Garten- und Stadtanlagen wurden geometrisch gestaltet.
Im Rokoko bildeten verspielte, elegante, leichte, zierliche, gewundene Formen, rankenförmige Umrandungen und überbordende Verzierungen den Stil.
Das Haus Nr. 35 besaß vor dem jetzigen Aussehen aus der Barockzeit, wie es auf der ersten Seite zu sehen ist, eine andere Fassade. Jetzt befinden sich rechts neben der Haustür 4 schmale Fenster mit halbrunden Oberlichtern, und die Fenster der ersten und zweiten Etage haben oben halbrunde und verglaste Oberlichter.
Zuvor hatte es eine lange Zeit erhalten gebliebene, schön gegliederte Fassade aus der Rokokozeit mit 2 viereckigen, großen Fenstern rechts neben der Haustür, und die Fenster der beiden Etagen waren viereckig mit zugemauerten halbrunden Oberlichtern, so wie es auf dem folgenden Bild aus dem Jahr 1898 zu sehen ist.
links das Haus Neustadt Nr. 35 mit der Fassade aus dem Rokoko
Mit dieser Rokokofassade blieb es bis zum Jahr 1903 erhalten, bis es der damalige Besitzer, Heinrich Schmidt, erneuern und die Fassade wieder „barockisieren“ ließ und damit das heutige Aussehen mit den 4 halbrunden Fenstern neben der Tür erhielt.
Vor dem Haus steht der Schwanenbrunnen, der 1710 erbaut wurde.
Um 1546 war das Haus auch als „Das güldene Haus“, „Zwei-Kronen-Haus“, „Das königliche Haus“ und „Güldene Crohne“ bekannt. Ob die Bezeichnung „Güldene Crohne“ überhaupt etwas mit dem nicht sicher nachzuweisenden Aufenthalt von Wenzel in Zittau zu tun hat, erscheint zweifelhaft, zumal sie erst nach 1675 gebräuchlich war.
Die Häuser der Hofstatt besitzen alte Haustore von hohem Wert, besonders das des Hauses Nr. 35, an dem zwei Kronen zu sehen sind.
heutiger Türstock des Hauseinganges Nr. 35 mit 2 Kronenreliefs (eigenes Foto)
Zu den Kronen gibt es verschiedene Versionen:
Eine Krone wurde vielleicht schon am Haus angebracht, als es noch aus Holz bestand. Als Wenzel 1282 aus der Gefangenschaft des Markgrafen Otto IV. von Brandenburg befreit war und als junger König nach Prag zurückkehrte, wollten die Bürger der Stadt vielleicht eine Erinnerung daran haben, dass sich der König einst als Kind in der Stadt aufgehalten hat. Deshalb wurde das Haus zunächst mit einer vergoldeten Krone geschmückt, die in „neueren“ Jahren neu vergoldet wurde, und man bezeichnete das Haus als „Güldene Crohne“. Es ist weniger wahrscheinlich, dass eine Krone am Haus angebracht worden war, als Wenzel darin gelebt haben soll, denn sein Aufenthalt wurde von Otto IV. geheim gehalten. Die Krone wurde dann in den folgenden Zeiten an dem jeweils auf dieser Stelle nachfolgenden, neu errichteten Haus wieder angebracht.
Die goldene Krone könnte vielleicht auch angebracht worden sein, weil das Haus auch „Das königliche Haus“ genannt wurde, weil der Commendator darin wohnte. Ein Commendator ist eine treuhänderische Person, die kirchliche Pfründe an dritte Personen weitergibt. Pfründe ist aus dem Mittellateinischen praebenda, heißt Unterhalt, abgeleitet. Ein Pfrund bedeutete zunächst eine Schenkung und später das Einkommen aus einem weltlichen oder kirchlichen Amt, insbesondere die durch eine natürliche oder juristische Person gewährte Nahrung, Verköstigung oder Unterhaltszahlung. Als Pfrund wurde auch das selbständige Einkommen eines Amtsinhabers oder auch eine Abgabe zur Finanzierung dieses Amtes bezeichnet. Diese indirekte Finanzierung eines Amtes war im Mittelalter, vor der allgemeinen Durchsetzung der Geldwirtschaft, die einzig sinnvolle Möglichkeit der unabhängigen und langfristigen Finanzierung solcher Ämter. Pfründe wurden auch oft missbraucht, und nach und nach wurde eine direkte Besoldung der Amtsträger eingeführt.
Die geistlichen Ritterorden (z. B. Klöster der Ordensritter) nannten ihre Niederlassungen Kommende. Das waren Verwaltungseinheiten, die einem Komtur (mittellateinisch commendator, heißt „Befehlshaber“) unterstanden. Der Commendator übte alle Verwaltungsbefugnisse aus, beaufsichtigte die seiner Kommende unterstellten Vogteien und Zehnthöfte und war dem Bailli (Zusammenschluss von mehreren Ordensprovinzen) oder Landkomtur unterstellt. Eine Komturei hatte die Aufgaben, das Gut zu bewirtschaften, Gastfreundschaft gegenüber durchreisenden Ordensangehörigen zu gewähren, sie alimentierte Küster, Pfarrer und alle weltlichen und geistlichen Untergebenen des Komturs und vergab Almosen an Arme.
Ein solcher geistlicher Ritterorden war der Johanniterorden, ein Bettelorden, der sich im Herrendorf bei der Frauenkirche niederließ und eine Kommende, einen Komturhof, gründete.
Ein Bezug zu dem „königlichen Haus“ könnte damit hergestellt werden, dass so ein Komturhof den königlichen Hof mit versorgt hat.
Die Bezeichnung „Zwei-Kronen-Haus“ könnte daher stammen, dass eine zweite Krone zu der Zeit angebracht wurde, als König Wenzel II. von Böhmen auch König von Polen wurde.
Ab wann zwei Kronen zugleich am Haus waren, ist nicht bekannt, vielleicht erst, als an dieser Stelle das erste Haus aus Stein mit dem großen Türstock gebaut wurde.
„Das prächtige Portal schmückt eine Kartusche mit dem Wappen der bekannten Zittauer Patrizierfamilie Nesen, die das Gebäude bis 1566 besaß.“ Dieses ist vielleicht von den nachfolgenden Besitzern entfernt worden. Heute ist in der Mitte des Türstockes das „Scholtzische Wappen“ zu sehen. Vom 15.01.1602 bis 31.08.1617 war ein Peter Scholtze (auch Scholze) der Besitzer des Hauses. Er ließ das Haus nach dem verheerenden Stadtbrand am 07.06.1608 ab dem Jahr 1609 wieder neu aufbauen und versah es mit dem Wappen.
Das Haus Nr. 35 besaß um 1546 das Schlachtrecht und war bekannt als die „Alte Garküche“.
1268 verlieh Ottokar II. Zittau auch das Recht, Bier zu brauen. Das Bierbrauen entwickelte sich seit dem Anfang der Geschichte der Stadt zu einer der Haupterwerbsquellen. Zittauer Bier wurde weithin bekannt und berühmt, so in Schlesien, Ungarn, Wien und Prag.
Wasser war oft ungenießbar, deshalb trank man Bier. Man braute drei Arten von Bieren: Weizen- und Gerstenbier für den sofortigen Verbrauch und das Märzenbier, ein Lagerbier, das man den Sommer über ausschenkte. Das Braurecht besaß jeder Bürger der Stadt, doch konnten die weniger Begüterten mangels Geld und Lagerraum meist nicht genügend für den eigenen Bedarf brauen und musste den Reichen ihr Märzenbier abkaufen. So wollten die Bürger auch im Sommer brauen, was jedoch vom Rat wegen der Brandgefahr - fast alle Häuser waren damals aus Holz - verboten wurde.
Schon 1543 wurde im Haus Nr. 35, als es dem Tischler Matthes Ast gehörte, Bier gebraut. Es gab dafür Brauberechtigungen für vier Weizenbiere.
1566 gehörte das Haus Johann Nesen, der das Braurecht verkaufte.
1578 gehörte das Haus Michel Creutziger, der wahrscheinlich wieder das Braurecht erhielt, denn ab diesem Jahr war das Haus als Bierhof ausgewiesen. Es war ein Halbbierhof. Ein Halbbierhof war ein städtisches Wohnhaus, in dem vorwiegend die Handwerker Bier herstellten, jedoch mit der Einschränkung, dass sie nur die Hälfte der Biermenge der wohlhabenderen Bürgerschaft brauen durften.
Auf einem solchen Halbbierhof hafteten oft bis zur Ablösung als Deputat vier Klafter Forstholz, die früher 9/4, später 6/4 Ellen lang waren und den Besitzern alljährlich gegen Bezahlung des Schlagerlohnes vom Stadtrat verabreicht wurden. Bei einer Brandstelle verblieb das Holz im Wald und wurde dem Aufbauenden der Brandstelle nur in Natura oder in Geld gewährt.
Die Häuser wurden früher eher breit als hoch gebaut, was zur Folge hatte, dass mehrere Giebel aufgesetzt wurden. Letztere wurden öfters auch einzeln verkauft. Daraus ist zu erklären, dass viele Zittauer Häuser sehr schmal sind und sich aus einem Haus mehrere Häuser ergeben. Da die alten Zittauer Stadtbücher vernichtet wurden, ließen sich die Verkäufe nicht mehr exakt nachvollziehen und man muss hier wohl den Aufzeichnungen des ältesten Häuserverzeichnisses Glauben schenken. Darin sind die Häuser enthalten, die es vor 1757 gab. Die Häuserbesitzer wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen nur bis zum Jahr 1900 und die Hausnummern von Stadtbibliothekaren bis in die heutige Zeit ergänzt.
Bis 1804 galten die Nummern in alten Schlossregistern, die gleichzeitig die Katasternummern bzw. Ortslistennummern darstellten. Danach wurden auf Befehl der Revisionskommission unter Leitung der Ratsherren Schwabe und Jeremias die ersten Hausnummern angeschlagen, seit dem wird auch von Hausnummern gesprochen. Vom Ingenieur Heinrich Adolph Buschbeck gibt es einen „Grundriss der Sechsstadt Zittau in der Oberlausitz 1808“, der die erstmals in Zittau vergebenen alten Hausnummern enthält. 1848 wurden abermals neue Katasternummern erstellt und seit Frühjahr 1876 kamen noch die Gassennummern hinzu. Bei Grundstückszusammenlegungen wurden bis 1830 die Hausnummerierungen nicht dokumentiert, so dass die Angaben vor 1830 durchaus abweichen können. Insgesamt sind 1830 in der Innenstadt 629 nummerierte Gebäude nachgewiesen.
Seit 1804 trägt das Haus Neustadt 35 diese Hausnummer, zuvor hatte es die Nr. 201.
Links neben der Eingangstür des Hauses wurde eine kleine Gedenktafel mit der Inschrift „Renaissance-Wohnhaus der Familie Weise von 1650 bis 1675, später erneuert“ angebracht.
Vom 22.06.1650 bis 09.01.1675 war Elias Weise (geb. 08.07.1609 in Lichtenberg, gest. 13.04.1679 in Zittau) Eigentümer dieses Hauses. 1650 baute er das Haus um, was im 30-jährigen Krieg leer stand, und 1660 baute er es wieder neu auf.
Elias Weise war Pädagoge, Gymnasiallehrer, Tertius (Magister, Erzieher, Hilfslehrer) (Bezeichnung für die vierte Stufe der Dienststellung im Amt). 1665 erhielt er den Auftrag vom Rat der Stadt, die „Zittauische Bibliothec“ im Gewölbe der Klosterkirche neu zu ordnen.
„Elias Weise, Lichtenberg, ward im Schulcolegium erstlich an 15.04.1639 hernach an 20.02.1660 endlich als seiner Schularbeit erlassen den 17.01. und folgenden 13.04.1679 aus dieser Welt gefordert, nachdem er in die 40. Jahr bey dem Gymnasio treulich gearbeitet, und viel wackere Leute dem gemeinen Wesen zu Nutze, erzogen hatte.“ „Elias Weise, oder Albinus, Jacob Weisens eines Schmieds Sohn, studierte in Frankfurt, sollte sich in hiesige Schule zu einem Collaboratore bestellen lassen, als ihm aber das Jahr-Geld benennet wurde, hielte er solches vor einen Schimpff seiner Erudition, erwehlete darfür alles Ungemach, auf Reisen fremde Lande zu besehen, auszustehen, wie er denn auch that, da er in einem Jahre und 3 Wochen 1300 Meilen zu Fuß in Kummer, Sorge und Gefahr des Lebens durch Pohlen, Österreich, Ober- und Nieder-Teutschland, und Welschland gereiset. Als er nun wieder zu Hause kam, erhielt er das Pfarr-Dienst zu Hirschfelde an 1572 . starb an 1592. Er hat seine lächerliche und lustige Reise geschrieben hinterlassen, welche wegen ihrer solderlichen avantur n meritirte, dass sie curieusen Lesern durch den Druck mitgetheilet würde. M. Johann George Weise, ein Sohn des alten berühmten Schulmanns Flick Weisens, natus den 30. Junii an. 1644. ward Pfarr zu Waltersdorff an 1674. wid. Confignat. derer Pfarrer daselbst p. 3.c.4….9.“
Elias Weise war verheiratet mit Anna Weise, geb. Profelt (geb. nach 1614, gest. 17.12.1679 in Waltersdorf), eine Tochter eines lutherischen Predigers aus Böhmen. Mit ihr hatte er 6 Kinder:
1. Christian – geb. 30.04.1642 in Zittau, gest. 21.10.1708 in Zittau
2. Johann Georg – geb. 05.07.1643 in Zittau, gest. 12.11.1725 in Herwigsdorf
3. Anna Christina – geb. 31.05.1645 in Zittau, gest. 20.05.1711 in Zittau
4. Anna Regina – geb. 28.07.1648 in Zittau, gest. 11.05.1698 in Zittau
5. Elias – geb. 21.08.1650 in Zittau, gest. September 1688 in Zittau
6. Anna Dorothea – geb. 22.09.1652 in Zittau, gest. 06.04.1725 in Zittau
Der Sohn Christian wurde eine berühmte Zittauer Persönlichkeit.
Christian Weise war ein hervorragender Pädagoge, Vater der Zittauer Schulkomödien, Rhetoriker und die wohl markanteste Persönlichkeit, die Zittau je in ihren Mauern beherbergte. Unter der liebevollen Betreuung seiner Mutter und der sorgfältigen Erziehung seines Vaters gedieh der Knabe trotz seiner etwas schwächlichen Konstitution. Bald schon zeigte sich aber, dass Christian Weise den starken Geist und die Strebsamkeit von seinem Vater geerbt hatte. Schon frühzeitig übte sich der Junge in der lateinischen und griechischen Sprache, zeigte aber auch großes Interesse an seiner Muttersprache. Ab Michaelis 1648 besuchte der junge Christian die Schule. Am Zittauer Gymnasium erfuhr er nicht nur die sorgfältige Anleitung durch seinen Vater, sondern hatte in Christian Keimann, dem Rektor des Gymnasiums, einen verständnisvollen Lehrmeister, der die Begabung von Christian Weise erkannte und förderte. Keimann war es auch, der Weise bereits zum Gebrauch der deutschen Sprache anhielt und die Hinwendung zur Rhetorik förderte. Das Vorbild von Christian Keimann muss bei dem jungen Weise nachhaltigen Erfolg gehabt haben, war doch Keimann zur damaligen Zeit selbst einer der fortschrittlichsten Pädagogen seiner Zeit.
Im Jahr 1660 begann Christian Weise an der Leipziger Universität sein Studium der Theologie, hörte aber auch Vorlesungen über Geschichte, Poesie, Logik sowie Politik. Besonderen Wert legte er selbst auf die Vervollkommnung seiner Beredsamkeit. Schon im Jahr 1663 war Christian Weise Magister. Eine weitere Laufbahn an der Universität verdarb sich der junge Christian Weise allerdings durch seine freimütigen Reden, durch die er sich die Feindschaft des Theologieprofessors J. A. Schertzer zuzog.
Im Jahr 1668 wurde Christian Weise Sekretär beim Grafen von Leiningen zu Halle. Hier schrieb er auch eines seiner ersten Stücke, der „Politische Redner“. Später entstand hier auch sein „Kluger Hofmeister“. Im Jahr 1670 wurde Christian Weise Professor der Beredsamkeit und Dichtkunst am Gymnasium in Weißenfels und war für Rhetorik, Poesie und Politik zuständig. Seine modernen und lebendig gestalteten Vorlesungen waren bald sehr erfolgreich und seine Beliebtheit nahm ständig zu. Er veröffentlichte nun seine ersten Werke, die ihm nachhaltigen Erfolg brachten und ihn weithin bekannt machten.
Der Zittauer Rat wusste sehr wohl, welche Persönlichkeit Christian Weise war und bemühte sich daher, Weise nach Zittau zurück zu holen, als im Jahr 1678 die Stelle des Rektors am Gymnasium neu zu besetzen war. Christian Weise nahm diesen ehrenvollen Ruf mit Freude an und wurde am 19.07.1678 durch den Zittauer Bürgermeister D. Jentsch in sein Amt eingeführt.
Christian Weise um 1680
In sehr kurzer Zeit erreichte Weise auch hier große Erfolge als Rektor. Der gute Ruf Christian Weises lockte bald viele Schüler ans Zittauer Gymnasium, darunter auch viele Söhne des Adels. Es sollen an die 12.808 Schüler in seiner Wirkungszeit gewesen sein, darunter 1.709 auswärtige, die aus Schlesien, Ungarn, Böhmen, Brandenburg, Hannover und Braunschweig kamen. Mit Stolz nannten sich diese später noch „Weisianer“. Mit Christian Weise erlebte das Zittauer Gymnasium seine Blütezeit. Er besaß nicht nur die Gabe, einen lebendigen Unterreicht zu gestalten, der insbesondere praktisch war, sondern er war auch ein hervorragender Rhetoriker, dessen hohe Ausstrahlungskraft den Nerv der Schüler traf. Christian Weise gelang es, aus einer „alten Gelehrtenschule“ ein modernes Gymnasium zu gestalten, das die Erfordernisse der Zeit beachtete.
Christian Weise um 1690
Weise war aber nicht nur Pädagoge, sondern hat sich auch als Dichter einen Namen gemacht. Er schrieb 55 Theaterstücke, wovon er 30 veröffentlichte, 15 Dramentexte gingen früh verloren, 10 blieben als Manuskripte in der Christian-Weise-Bibliothek Zittau erhalten. Ab 1679 führte Weise mit seinen Schülern jährlich an drei Tagen jeweils drei Stücke auf, die alle in deutscher Sprache von ihm verfasst wurden. Insgesamt sind es über 50 Schulkomödien, u. a. „Die böse Katharina“ (1693), die „Historie vom König Wenzel“ (1686), das ein Höhepunkt unter den Geschichtsdramen und gleichzeitig eine Huldigung Weises an seine Vaterstadt Zittau und ihre Verbundenheit mit dem mittelalterlichen Böhmen ist, und insbesondere sein Stück „Masaniello“ (1682). Unter den biblischen Dramen ist der „Keusche Josef“ (1689) erwähnenswert, in dem Christian Weise die humoristischen Wendungen und Möglichkeiten, die dem ehrwürdigen Stoff aus dem Alten Testament innewohnen, entdeckt. Selbst Gotthold Ephraim Lessing zollte ihm später seine unverhohlene Anerkennung.
Weises Name verbindet sich aber auch mit der berühmten Zittauer Ratsbibliothek. Mit der Übernahme des Amtes am Zittauer Gymnasium als Rektor versah er zugleich auch die Bibliotheksgeschäfte, die er bis zu seinem Tode exakt ausführte. Unter ihm erhielt die Ratsbibliothek, die schon vor ihm einen beachtlichen Stellenwert hatte, überregionale Bedeutung. Der Bibliothek kamen nicht nur die weltmännischen Kenntnisse Weises zugute, sondern zugleich dessen literarische Fähigkeiten. In den letzten Jahren seines Lebens übernahm er eine ihm besonders am Herzen liegende Aufgabe: die Errichtung eines neuen und würdigen Bibliothekssaales für Zittau. Dieser Raum war der im zweiten Stockwerk des Heffterbaues gelegene Saal. Auf Weises Anregung hin begann der Zittauer Rat mit dessen Ausstattung. Die Einweihung des neuen Saales sollte Weise nicht mehr erleben.
Wegen seiner altersschwachen Augen musste er 1708 das Amt des Rektors aufgeben. Zittau hat er zu Lebzeiten kaum verlassen, bekannt sind lediglich Reisen nach Prag, Leipzig und Görlitz. Er verstarb am 21.10.1708 in Zittau.
Christian Weise um 1700
Christian Weise heiratete am 09.10.1671 seine erste Ehefrau Regina, geb. Arnold, Tochter eines Pastors. Der erste Sohn Christian starb kurz nach der Geburt am 13.10.1672. Der zweite Sohn Christian Elias wurde am 11.01.1674 geboren, starb aber auch früh, am 20.03.1674 an Pocken. Der dritte Sohn Johannes Elias kam am 04.05.1678 zur Welt, was aber seiner Frau Regina am 16.05.1678 das Leben kostete.
Am 19.06.1679 heiratete Christian Weise seine zweite Ehefrau Anna Regina, geb. Nesen, Tochter einer der reichsten und einflussreichsten Familien in Zittau. Am 23.04.1680 bekamen sie einen Sohn Christian Gottfried, der wiederum früh starb, am 22.07.1680. Durch diese Heirat gelangte er in den Besitz des heutigen „Dornspachhauses“, worin er bis zu seinem Tod lebte. Darin beherbergte er auch auswärtige Schüler wohlhabender Eltern als Pensionsgäste.
Christian Weises einziger überlebender Sohn Johannes Elias heiratete am 12.01.1706 Johanna Dorothea, geb. Thum. Er starb am 08.01.1709 und sie am 20.03.1709. Da diese Ehe kinderlos blieb, gibt es keine direkten Nachkommen Christian Weises.
Die Stadt Zittau erwies ihm die höchste Ehre, die an einen Bürger vergeben wurde. Er wurde in der alten Johanniskirche neben anderen hervorragenden Männern Zittaus bestattet. Noch heute ist die Zittauer Bibliothek, die seit 1954 Christian Weises Namen trägt, mit seinem ehrenden, aber auch verpflichtenden Namen eng verbunden. Das Erbe Christian Weises wird hier liebevoll und mit Stolz gepflegt. Die Christian-Weise-Straße und das seit 27.05.1993 so benannte Christian-Weise-Gymnasium zeugen noch heute von der hohen Wertschätzung, die ihm entgegengebracht wurde und wird. Am 12.06.1987 erwies Zittau seinem großen Sohn erneut eine Ehre. In den Anlagen des Grünen Ringes wurde eine Büste Christian Weises feierlich eingeweiht (folgendes Bild), deren Schöpfer der Bildhauer Johann Porsche (1931 – 1994) war.
1561 gehörte das Haus Nr. 35 Wilhelm Nesen (Bruder von Conrad Nesen). Diese Familie Nesen war eine berühmte Patrizierfamilie, in Zittau eine der reichsten und einflussreichsten Familien und besaß ein Familienwappen.
Conrad Nesen (auch Nesenus) (geb. um 1495 in Nastätten, gest. 25.06.1560 in Zittau) war ein „sehr helldenkender und gelehrter Mann“, ein „vortreflicher lateinischer Dichter, deutscher Humanist und Bürgermeister in Zittau. Er stammte aus bescheidenen Verhältnissen, sein Vater, tätig in der Landwirtschaft, konnte ihm und seinem Bruder Wilhelm ein Rechtsstudium 1519 an der Universität in Paris und später in Wittenberg finanzieren. Conrad Nesen wird von Philipp Melanchthon als Stadtphysikus nach Zittau empfohlen, war 1533 Stadtrat und erlebte hier einen Aufstieg bis 1541 zum Bürgermeister, vertrat die Interessen der Stadt auf dem Landtag in Prag und saß dort im Gremium. 1542 wurde er in den Adelsstand erhoben und half mit bei der Reformation in Kirchen und Schulen. Durch den Oberlausitzer Pönfall im August 1547 büßte er seine Tätigkeit beim Zittauer Rat ein, kam erst im Folgejahr wieder an diese Stelle und konnte verlorene Güter der Stadt wieder zurückführen. Er „stand an der Spitze der Deputation, welche die Stadt Zittau an den damaligen Königlichen Hof nach Prag sandte. Zittau ist ihm daher ein ewiges Andenken schuldig.“
Conrad Nesen „war ein vertrauter Freund von Melanchton Luther und Kammerarius. Er stammte aus dem Herzogthum Lützelburg, wo seine Familie noch im Jahr 1524 ein ansehnliches Landgut am Niederrhein besaß. Er stand bei den Kaisern Ferdinand I. und Maximilien II. in besondern Gnaden.“
„Er übte praktisch diejenigen Lehren, welche wohl erst 100 Jahre nach ihm ein Seckendorf und Puffendorf, als bisher zurückgehaltene Wahrheiten, der Welt in Schriften öffentlich bekannt machten, nämlich, dass ein Staat erst alsdann glücklich zu achten sey, wenn die geist- und weltliche Macht in den Händen des weltlichen Regenten zusammen verbunden wäre. Er brachte es daher durch sein eifriges Bestreben dahin, dass von dem Löblichen Johanniterorden dem Rathe in Zittau die geistliche Gerichtsbarkeit und Aufsicht über das Kirchen- und Schulwesen pfandweise abgetreten und damit sofort die Bahn gebrochen wurde, dass nachher im Jahre 1576 der Magistrat solche mittelst Kaufs für immer erhielt, Zittau aber die Evangelische Lehre ungestört in seinen Mauern aufblühen und die Aufsicht über die Kirchen und Schulen mit der Polizei im schwesterlichen Bunde vereiniget sehen konnte.